Was ist Qigong, Manfred?
Manfred Buchta ist Lehrer für Taiji Quan und Qigong in Hilden und ich durfte ihm für stadtfein ein paar bohrende Fragen stellen. Kennen gelernt habe ich ihn vor einigen Jahren, als er mich anrief und fragte, ob ich seine Website neu gestalten möchte. Natürlich wollte ich das. Und daher weiß ich auch bereits eine ganze Menge über seine Philosophie. Und nicht nur das. Ich habe mir zeigen lassen, wie man Qigong und Taiji Quan übt, damit ich erfahre, worum es bei ihm wirklich geht. So weiß ich dann auch, dass er ein sehr aufmerksamer, empathischer Lehrer ist. Hier kommt unsere Unterhaltung.
Worum geht es bei Qigong, Manfred?
Zunächst einmal ganz offensichtlich: es geht um sehr langsame und bewusste Haltungen und Körperbewegungen – ein deutlicher Unterschied zur Gymnastik. Mit dieser Langsamkeit beginnt man, den eigentlichen Prozess einer Bewegung nachzuvollziehen. Wo beginnt eine Bewegung, wie gestaltet sie sich und wo endet sie scheinbar? Mit diesen Beobachtungen kann ich einen intensiven Bezug zu meiner Körperlichkeit herstellen. Und etwas abstrakter: die drei Säulen von Qigong und Taiji Quan sind „Haltung/Bewegung“, „Atem“ und „Konzentration/Imagination“.
Und was ist Taiji Quan?
Taiji Quan ist im Vergleich zu Qigong eine Kampfkunst. Die Bewegungsbilder sind oftmals gleich, haben jedoch ein anderes Ziel. Die Soloform von Taiji besteht aus einer Aneinanderreihung von einzelnen Bewegungsbildern. In den Partnerübungen bemühen wir uns um steten Körperkontakt. Nur über diesen kann ich die Energie, die Intention des Gegenübers wahrnehmen, annehmen, umlenken und in Hebel oder Stoß- oder Ziehtechniken überführen. Diese Übungen nennt man „Tuishou“ oder auch „klebende Hände“.
Es eröffnet sich beim Üben so viel, über das ich staunen kann.
Kann das jede:r?
Tatsächlich bestehen durch die sanfte Langsamkeit der Bewegungen kaum Einschränkungen aufgrund körperlicher Gegebenheiten. Ein wichtiges Ziel ist, die Bewegungen dem eigenem Befinden anzupassen.
Wofür schlägt dein Herz?
Es eröffnet sich beim Üben und Beobachten so viel, über das ich staunen kann. Wenn man mit dem Geist vollständig dabei ist, wenn man es schafft, seine Aufmerksamkeit in einzelne Körperregionen zu lenken, wenn man mit Bildern und der eigenen Vorstellungskraft arbeiten kann, dann beginnt sich etwas zu bewegen, das vorher nicht da war. Oder wie mein Lehrer Jiao Guorui sagte: „Es ist nichts, doch scheint es zu sein. Zwar ist es nur Vorstellung, doch scheint es vorhanden.“
Was ist deine Mission?
Ich liebe es, Menschen zu animieren, sich auf den Weg zu machen, sich selbst wahrnehmen zu können. Nicht nur auf der körperlichen, sondern auch auf der geistig-seelischen Ebene.
Durch das Üben entsteht eine Fülle – ganz über den Qigong-Tellerrand hinaus. Über die erlebten Bewegungen, Haltungen und Erfahrungen lassen sich Bezüge zum eigenen Alltag finden. Die Qigong-Prinzipien finden sich im täglichen Leben wieder und werden zur „Pflege des Lebens“ genutzt. „Unten stabil – oben leicht“ zum Beispiel: diese Haltung kann ich übertragen, um in meinem Leben das richtige Maß zu finden.
Es verändert sich etwas in mir, wenn ich meine Bewegung verändere
Welcher Moment während deiner Arbeit begeistert dich immer wieder?
Dieses „OH!“ – also den Moment des Entdeckens bei meinen Teilnehmer:innen zu beobachten. „Es verändert sich etwas in mir, wenn ich meine Bewegung verändere. Und es verändert meine Bewegung, wenn ich etwas in mir verändere“.
Woran arbeitest du gerade?
Immer: meine Art zu denken auf den Prüfstand zu stellen, die Perspektive zu wechseln, um dadurch Neues zu entdecken. Und ganz aktuell: ich studiere den Prozess des „Gehens“, unserer eigenen Fortbewegung, um daraus ein neues Übungsprogramm für meine Seminare zu entwickeln. Beobachten, was beim Gehen eigentlich passiert. Das Gehen ist so selbstverständlich für uns, dass wir uns das nicht mehr wirklich bewusst machen. Und wenn man dann einmal genau hinschaut, beinhaltet Gehen so viel mehr als die reine Fortbewegung. Ich möchte es schaffen, den Erfahrungsraum bei mir und meinen Schüler:innen zu erweitern. Das kann sehr spannend werden, wenn man es schafft, sich darauf einzulassen.
Und wie fange ich an?
Ganz einfach: Stehen in Stille. Bewegen in Stille. Nicht mehr und nicht weniger.
Dein Lieblingsort in Hilden?
Der Alte Markt an einem Samstagmorgen.
Das Angebot von Manfred Buchta, ein bisschen mehr über ihn und seine Philosophie und alle aktuellen Termine findet ihr unter www.taijigong-buchta.de
Er unterrichtet in Hilden, Haan, Mettman, Duisburg und veranstaltet regelmäßig Intensivseminare an schönen Orten.
Lieber Manfred, vielen Dank für dieses feine Interview und die genauen Erklärungen 💛
© Fotos: Manfred Buchta
Du möchtest gerne dabei sein? Hast eine Idee? Eine gute Geschichte? Melde dich gerne per Mail bei mir. stadtfein findest du auf Instagram und auf Facebook. Abonniere uns doch gleich mal – für Inspiration, Neuigkeiten und Hilden-Tipps.